Wenn andere feiern: Wer an den Feiertagen arbeitet – und was das über unsere Gesellschaft sagt

Gleichzeitig ist es aber für viele Menschen ein ganz normaler – oft besonders anstrengender – Arbeitstag. Während in Wohnzimmern die Lichter angehen, Geschenke ausgepackt und letzte Bleche Plätzchen aus dem Ofen geholt werden, läuft andernorts der Betrieb auf Hochtouren. Doch wer sind die Menschen, die an Feiertagen arbeiten? Und was sagt das über den gesellschaftlichen Umgang mit Arbeit, Verantwortung und Anerkennung aus?

Systemrelevant – aber oft übersehen

Viele dieser Berufsgruppen gelten als „systemrelevant“ – ein Begriff, der spätestens während der Pandemie in den alltäglichen Sprachgebrauch eingezogen ist. Doch systemrelevant bedeutet nicht automatisch gut bezahlt, ausreichend besetzt oder angemessen gewürdigt. An Weihnachten ist die personelle Lage oft besonders angespannt. Urlaubsanträge werden abgelehnt, Dienste getauscht, Bereitschaften spontan übernommen. Schichtpläne füllen sich schnell – nicht immer freiwillig.

Auch Energieversorger, Verkehrsunternehmen oder technische Notfalldienste arbeiten an diesen Tagen im Hintergrund. Wenn das Licht nicht angeht oder der Zug ausfällt, ist der Ärger schnell gross. Dass es Menschen gibt, die rund um die Uhr dafür sorgen, dass Strom fliesst und Züge rollen, wird in der weihnachtlichen Gemütlichkeit gerne vergessen.

Arbeiten, wenn andere feiern

Gerade in touristischen Regionen ist Weihnachten keine stille Zeit, sondern Hochsaison. In Hotels und Restaurants wird aufgestockt, viele Betriebe rechnen mit einem ihrer wichtigsten Umsätze des Jahres. Entsprechend viele Mitarbeitende stehen an den Feiertagen in der Küche, am Empfang oder hinter der Bar. Hinzu kommen Aushilfskräfte, die spontan einspringen – oft ohne ausreichenden Schutz durch Tarifverträge oder Zuschläge.

Auch Paketdienste sind bis kurz vor dem Heiligen Abend im Dauereinsatz. Für viele Zusteller*innen endet der Arbeitstag am 24. Dezember nicht vor Sonnenuntergang – manche sind selbst an den Feiertagen unterwegs, um Rückstände aufzuarbeiten. Wer noch auf den letzten Drücker Geschenke online bestellt, ist Teil dieses Systems.

Feiertagsarbeit im rechtlichen Rahmen

In Deutschland regelt das Arbeitszeitgesetz, dass an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich nicht gearbeitet werden darf. Doch es gibt zahlreiche Ausnahmen. Neben medizinischer Versorgung und Sicherheitsdiensten gehören auch Medienhäuser, Verkehrsbetriebe oder Notfalldienste dazu. Für viele Branchen gelten Sonderregelungen – etwa im Einzelhandel, wo am 24. Dezember bis 14 Uhr geöffnet sein darf, sofern der Tag auf einen Werktag fällt.

Feiertagszuschläge sind rechtlich nicht verpflichtend, sondern eine Frage individueller Verträge oder Tarifregelungen. Während manche Beschäftigte an Weihnachten 150 % oder gar 200 % des regulären Lohns erhalten, gibt es in anderen Branchen lediglich ein Schulterklopfen.

Sichtbarkeit nur im Ausnahmezustand

Die gesellschaftliche Wahrnehmung von Feiertagsarbeit ist ambivalent. Einerseits gibt es in Ausnahmesituationen grosse öffentliche Unterstützung – etwa in Form von Applaus, Bannern oder Social-Media-Kampagnen. Andererseits besteht die unausgesprochene Erwartung, dass grundlegende Dienste einfach „funktionieren“.

Viele Beschäftigte berichten von einer Arbeitsrealität, die an Weihnachten besonders hart ist: Reduzierte Teams, wenig Spielraum für Pausen, zusätzliche Belastungen durch emotionale Ausnahmesituationen – etwa in Notaufnahmen oder Altenheimen. Die stille Nacht ist für sie oft eine laute Schicht mit wenig weihnachtlicher Stimmung.

Kontraste unterm Tannenbaum

Für viele Menschen ist Weihnachten mit festen Ritualen verbunden: Glühwein am Nachmittag, gemeinsames Essen am Abend, Kerzenlicht und Gespräche im kleinen Kreis. Es sind Momente der Entschleunigung – gerade deshalb wirken sie so kostbar.

Im Kontrast dazu steht der Alltag jener, die an den Feiertagen arbeiten. Der Dienst beginnt früh, endet spät, oft auch in der Nacht. Familienzeit muss verschoben werden, manchmal fällt sie ganz aus. In vielen Fällen sind es immer wieder dieselben Kolleg*innen, die einspringen – weil andere lieber frei nehmen oder weil es schlicht an Personal fehlt.

Besonders belastend ist das für Alleinerziehende, junge Familien oder ältere Beschäftigte mit Betreuungspflichten. Ein ruhiger Kaffee mit dem Team ist da manchmal schon das höchste der Gefühle.

Gemeinsame Hoffnung statt Einzelbelastung

In Spanien ist die Weihnachtszeit untrennbar mit der traditionsreichen Lotterie „El Gordo“ verbunden. Was von aussen wirkt wie ein gigantisches Glücksspiel, hat vor allem eine soziale Komponente: Lose werden im Kollegium geteilt, mit Nachbar*innen gemeinsam gekauft, als symbolische Geste verschenkt. Die Hoffnung auf einen Gewinn steht weniger im Fokus als das gemeinsame Mitfiebern – unabhängig davon, ob gearbeitet oder gefeiert wird.

Während in Spanien ganze Belegschaften Lose teilen und gemeinsam auf einen symbolischen Gewinnmoment hoffen, bleibt vielen Beschäftigten hierzulande nicht einmal die Zeit für einen gemeinsamen Kaffee. Wer trotzdem ein bisschen mitträumen möchte, kann El Gordo online in Österreich spielen – vielleicht zwischen zwei Diensten oder einfach für das Gefühl, auch mal dranzudenken.

Was Feiertagsarbeit über uns sagt

Die Frage, wer an Feiertagen arbeitet, ist auch eine Frage von Macht, Verantwortung und Anerkennung. Viele der betroffenen Berufsgruppen sind weiblich dominiert, werden schlecht bezahlt oder kämpfen seit Jahren für bessere Bedingungen. Gleichzeitig stützt sich das gesellschaftliche Leben auf genau diese Arbeit – gerade dann, wenn andere sich eine Pause gönnen.

Feiertagsarbeit ist oft unsichtbar. Sie läuft mit, ganz selbstverständlich. Doch hinter jedem gedeckten Tisch im Restaurant, jedem warmen Patientenzimmer und jedem Notruf steckt ein Mensch, der diesen Tag nicht mit der Familie verbringt.

 

Nach oben scrollen